Kapitel 6, Adriego und Adron in der Khom

Aus nv-wiki.de
Zur Navigation springen Zur Suche springen
  Während Dragomir, Jalessa und der Druide das Schreiben verfassten und der leicht kränklich und erschöpft wirkende Ramon vor sich hin döste, beobachtete Jolinar interessiert und neugierig, wie Adron bei seinen Schwertübungen Besuch von Adriego bekam.
  „Wohl aus der Übung, werter Herr?“, grinste der Almadaner den blonden Krieger aus Baliho an. „Wie wäre es mit ein paar gemeinsamen Übungen?“ Lächelnd zog der Schwertgeselle sein Rapier und stellte sich in Kampfposition auf.
  „Ist das denn so offensichtlich?“, schnaufte Adron freundlich. „Nun, warum nicht. Aber gebt mir noch ein paar Minuten, ich bin kurz davor zu meiner Form zu finden und…“, außer Atem bedeutete er Adriego, seinen Angriff noch ein wenig zurückzuhalten, „... könnte auch noch eine kurze Pause vertragen.“ Der Krieger atmete kräftig durch, vollführte noch eine gelungene Sequenz und bedeutete seinem Gefährten, ihm zu folgen. „Im letzten Jahr habe ich das Ding bloß zum Ölen ziehen müssen.“, erklärte Adron und hob seine Waffe kurz hoch. „Hätte nicht gedacht, dass ich so aus der Übung gekommen bin.“
  „Oh, Ihr müsst ein friedliches Jahr genossen haben!“, wunderte sich Adriego eingedenk der Tatsache, dass er seine Waffe alleine in den vergangenen Wochen mehrmals im blutigen Ernst hatte ziehen müssen.
  „So friedlich war es nun auch wieder nicht, aber es gab zumindest keine Probleme, die nicht ohne Waffe zu lösen gewesen wären oder allerhöchstens damit.“, antwortete der Mittelreicher und deutete auf das verzierte Kurzschwert an seiner Seite. „Dort drüben liegen ein paar Zeltstangen herum, von denen einige gut als Schwertersatz herhalten könnten. Denn, ehrlich gestanden…“, Adron grinste sein Gegenüber schelmisch an, räusperte sich dann und verkniff sich das, was gerade noch auf seinen Lippen gelegen hatte, „...na Ihr wisst schon.“
  Mit geübtem Blick hatte das noch immer außer Puste befindliche Kraftpaket schnell zwei gleichlange und recht leichte Stangen aus dem noch nicht genutzten Haufen geborgen und reichte dem Almadaner eine davon. „Vielleicht nur ungenügender Ersatz für Eure edle Waffe, aber damit können wir konsequenter üben, als mit den scharfen Klingen.“
  Adriego schwang die improvisierte Übungswaffe mehrmals hin- und her, doch das Gewicht der Stange gefiel ihm nicht: „Also damit kann ich nicht kämpfen, das mutet ja an wie ein Jagdspeer.“ Er zog ein kleines Stück hartes Leder aus seiner Gürteltasche hervor und stülpte es über die Spitze seines Rapiers. „Damit sollte es gehen. Wie war noch gleich Euer Name?“, erkundigte er sich und ging abermals in Ausgangsstellung.
  Argwöhnisch begutachtete der blonde Krieger die Lederkappe an der Spitze der Stichwaffe und zog eine Augenbraue hoch. Dann jedoch verbeugte er sich höflich vor seinem Übungspartner, ging ebenfalls in Kampfstellung und antwortete: „Adron Horger ist mein Name. Wenn ich mich recht entsinne, so war der Eure Adriego Manzanares?“
  „Oh, tatsächlich, Ihr habt wohl ein besseres Namensgedächtnis.“, grinste der Schwertgeselle seinen ihm noch wenig bekannten Gegner an.
  Dieser antwortete mit einem einnehmenden Lächeln und scherzte seinerseits: „Fangen wir an, aber habt bitte ein wenig Nachsicht, es ist mein erstes Mal mit einer Zeltstange.“
  „Was den Rapier angeht: Hätte ich gewusst, dass Ihr auch ein Laie seid, was Stangenkampf angeht, hätte ich ihn niemals gezogen.“, schmunzelte Adriego, nahm die Lederkappe ab, schob seine Waffe zurück in die verzierte Scheide an seiner Hüfte und ergriff abermals das zuvor verschmähte Stangenstück.
  Nach einigen Übungsschlägen und gegenseitigen Neckereien versuchte Adron ein ernsteres Gespräch zu beginnen: „Was haltet Ihr von Jolinar und Nazir? Er wirkt ja recht nett, ein wenig ungehobelt vielleicht, aber sie? Irgendwie scheint sie hier fehl am Platz. Sie kommt mir so verängstigt vor, geradezu kindlich, hilflos. Vielleicht täusche ich mich auch, aber... ich frage mich was sie hierhergeführt hat.“
  „Nun... was soll ich von ihnen halten? Nazir ist für einen Al'Anfaner jedenfalls ein äußerst lustiger Kerl von guter, oder je nachdem wie man will schlechter Manier, wenn auch ein wenig zu sehr auf den eigenen Vorteil bedacht.“, antwortete Adriego und grinste nach einer besonders gelungenen Parade, die Adron in den warmen Wüstensand schickte. Er reichte ihm die Hand und half ihm wieder auf. „Aber was ich von der werten Frau Jolinar halten soll, bleibt mir bis heute ein Rätsel. Sie ist wohl eine sehr ausgeprägte Persönlichkeit, was sie zum einen leicht reizbar macht, zum anderen aber… naja das lässt sich schlecht erklären. Wovor sie solche Angst hat verstehe ich auch nicht.“
  Reaktionsschnell wehrte er einen überraschenden Schlag einhändig ab, doch die Finte saß und der Holzstab des Mittelreichers fand sein Ziel auf dem Hosenboden des Almadaners. „Verzeiht, das war geschummelt.“, lächelte Adron genießerisch und setzte diesmal zu einem einfacher zu durchschauenden Täuschungsmanöver an, das Adriego auch prompt zur Revanche nutzte.