Kapitel 7, Eleon und Anna in Unau, Teil II
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Im Garten hatte es sich Eleon während der Pause unter seinem Lieblingsbaum bequem gemacht und dachte mit geschlossenen Augen über die Ereignisse des ersten Teils der Besprechung nach. Plötzlich merkte er einen Schatten über sich, gewahrte gegen das Licht der Praiosscheibe Anna und setzte sich überrascht auf. Die Magierin reichte ihm einen Becher Wasser und begann ohne Begrüßung, ihr Anliegen vorzutragen: „Ich habe auch einen Vorschlag anzubieten, doch genauer werde ich diesen gleich bei der Besprechung erläutern. Doch zunächst muss ich wissen, ob du Diener der Elemente beschwören kannst, die sich uns im Kampf gegen einen Dämonen anschließen könnten. Außerdem will ich nicht auf eine ins Blaue gewirkte Austreibung vertrauen, wenn wir die Kräfte der Natur mit dem tumben Auf sie mit Gebrüll der Rondrakirche verbinden können.“ Beide tranken einen Schluck Wasser, der nach den vielen Worten in der Versammlung köstlich und wonnevoll die getrockneten Kehlen herunterrann. „Beherrscht du den Magischen Raub zusätzlich zum Unitatio?“, wollte sie noch rasch wissen, bevor der Druide antworten konnte. „Danke für das herrliche Wasser, Anna. Ich habe aus ähnlichen Gründen nicht zugestimmt und das weißt du. Aber wie ich schon sagte, ich beherrsche die Kraft der Invocatio auf einem geringen Grad, man nennt die betreffenden Kreaturen im Volksmund Geister. Wenn ich Elementare Diener rufen könnte, hätte ich es sicherlich schon erwähnt, denn dieser Zauber wäre dort sicherlich sehr willkommen gewesen.“ Seine Ausdrucksweise hatte sich zunehmend mit Sarkasmus durchsetzt, vor allem der letzte Satz klang sehr bitter. Doch jetzt fuhr er wieder freundlich fort: „Es tut mir leid, aber das ist sicher weniger, als du von mir erwartet hast. Was deine letzte Frage angeht, ich beherrsche beide Formen der Vereinigung.“ Er streckte sich und blickte verträumt über den Garten, der in den letzten Nächten sein lieb gewonnener Schlafplatz war. „Es ist schön, dass wir wieder einmal miteinander sprechen.“ „Sieht wohl so aus, als ob wir dann doch auf eine dieser landestypischen Wunderlampen angewiesen wären.“, scherzte Anna halbherzig. „Reden, aber ja, Eleon. Solange sich dieser Rodan aufführt wie ein Möchtegernadliger, lasse ich andere Differenzen gerne für einen Moment aus den Augen.“ Dann kicherte sie leise. „Wie heißt es doch so schön: Der Feind meines Feindes ist mein Freund.“ Der Druide nickte zustimmend und ihm gefiel der Gedanke, dass er und Anna sich besser verstehen könnten. Kurz schloss er die Augen und hatte unvermittelt das Bild ihrer Schwester vor seinem inneren Auge, was ihm ein Lächeln auf die Lippen zauberte. „Ich für meinen Teil bezweifle, dass wir auf Hypocratio oder einen Dämonen treffen.“, äußerte er schließlich seine ehrliche Meinung. „Wo du gerade bei Sprichworten warst: Die Ratten verlassen zuerst das sinkende Schiff. Aber nachsehen sollten wir trotzdem.“ Beide lachten ausgiebig und auch die Magierin begann, die lockere Stimmung zwischen ihnen zu genießen. „Was hast du mit Jolinar vor?“, brach Eleon das anschließende Schweigen. „Man sollte sie langsam aufbauen und nicht mit der Wahrheit erschlagen, denke ich.“ Anna schaute wehmütig hinauf zum Himmel. „Sie hat noch nicht begriffen, dass ich mit meiner Ausbildung zur Magierin nicht die Hexen, sondern die Akademiker betrogen habe.“, seufzte sie und für einen Moment schien sie verletzlich und traurig. „Wenn ich es ihr sage, wird sie mir nicht glauben. Sie ist stur, nicht eingebildet oder voreingenommen, sondern schlicht und ergreifend stur.“ Die magisch begabte Hexe zuckte kraftlos mit den Schultern. „Am liebsten würde ich sie in die Lehre nehmen, da ich in ihr mir verwandtes Blut spüre. Was die Wahrheit betrifft, wird sie wohl noch eine Weile brauchen.“ Eleon schauderte für einen kurzen Moment, als er einen kurzen Blick hinter die harte Fassade seiner Rivalin erhaschen konnte, mit der er sich hier wie bei einem Praiostagspicknick vollkommen zwanglos unterhielt. Irgendwie erschien ihm diese Situation nicht real, trotzdem musste er grinsen. „Betrogen? Ich würde sagen, du hast deinen Horizont erweitert. Obwohl ich nicht verstehen kann, wie du das…“, er deutete mit einem Kopfnicken in Richtung Rodans Zimmer, „…jahrelang über dich ergehen lassen konntest. Vielleicht bist auch du nur einfach stur genug gewesen.“ Er grinste sie breit an und sie lächelte herzlich zurück. „Nun, offiziell ist sie erst einmal mir anvertraut, aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass sich hier und da durchaus mal Zeit für ein Gespräch oder eine Lehrstunde mit dir erübrigen lässt. Allerdings...“ Er macht eine Handbewegung, die andeutete, dass Anna die Bedingung wohl ohne größere Mühe selbst erraten konnte. Doch Anna ignorierte die Geste geflissentlich und berichtete stattdessen von ihrer Zeit auf der Akademie in Kuslik. „Um ehrlich zu sein, habe ich nur ein halben Götterlauf dort zugebracht und war lediglich für all diese dümmlichen Prüfungen dort. Aber seitdem kann ich solche Menschen wie diesen magischen Möchtegernoffizier nicht mehr ausstehen.“ „Warum bist du eigentlich hingegangen?“, erkundigte sich Eleon voreilig, entschied sich aber sofort für ein anderes Thema. „Aber lassen wir das. Viel wichtiger ist, ob du Interesse daran hast, dich für einen Gefallen indirekt an Jolinars Ausbildung in den mir zugesprochenen Stunden zu beteiligen.“ Die Magierin rümpfte die Nase. „Verstehe ich dich jetzt richtig? Du willst einen Gefallen von mir, damit ich mich an ihrer Ausbildung beteiligen darf?“ Eleon nickte beschwichtigend, die nahenden Gewitterwolken über ihrem Gemüt bereits vorausahnend, und grinste frech. „Ich möchte lediglich dabei sein, wenn du sie unterrichtest, soviel sollte dir klar sein. Ein stiller Zeuge, der lernt, was er lernen kann. Und wenn nicht...“ Er zuckte die Schultern, als wollte er andeuten: Was hast du schon zu verlieren? „Dir ist doch sicher klar, dass einige der magischen Handlungen der Schwesternschaft nicht für Außenstehende gedacht sind, oder?“, erkundigte sich Anna noch mit leichten Zweifeln. „Wenn das klar und deutlich für dich ist, dann willige ich ein.“ Der Gelehrte nickte lächelnd. „Dann ist es beschlossen.“ Er reichte ihr seine rechte Hand, die sie auch sofort ergriff. „Ich verspreche zudem, euren Lehrstunden lediglich schweigend beizuwohnen, um den Schein meiner Oberaufsicht zu bewahren. Wenn es um konkrete Fragen und Sachverhalte geht, können wir uns sicher absprechen.“ „Hört sich gut an. Doch schau! Dort vorne geht Firutin zurück zur Besprechung und da hinten konnte ich gerade auch Xardan ausmachen.“, verzog die Magierin missmutig ihren herrlich roten Kussmund. „Ich schätze, die Brabbelstunde geht gleich in die zweite Runde.“ Sie reichte Eleon die Hand und half ihm auf. „Ich gehe vor, wir wollen doch den Schein waren, nicht wahr?“ Beide lachten laut und Anna fasste ihm sogar freundschaftlich an den Arm. „Die Feindin meines Feindes ist meine Freundin.“, murmelte er leise vor sich hin, als die hübsche Magierin außer Hörweite war und steuerte dann zielgerichtet auf die am anderen Ende des Gartens unter einer Baumgruppe wartenden Gefährten zu, unter denen er Dragomir und Rondrik ausgemacht zu haben glaubte. Dementsprechend war wohl noch immer Pause in Rodans Kammer, was ihn innerlich zutiefst erfreute.