Kapitel 4, Adriego in Perricum
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Adriego beobachtete den Aufbruch der beiden Turteltäubchen sehr reserviert, denn auch er hatte sich große Hoffnungen gemacht, die junge Dame an Land begleiten zu dürfen. Jedoch war ihm in den vergangenen Tagen klar geworden, dass derzeit der Südländer höher in ihrer Gunst stand. Der Abschied von Valeris hatte ihm ebenfalls einen Stich ins Herz versetzt, denn erst als er seiner liebgewonnenen Begleiterin Lebewohl sagte, erkannte er sein Fehlverhalten der vergangenen Tage. Er hatte seine Freundschaft und Sympathie zu Valeris einem blinden Verlangen nach Anna geopfert, das wurde ihm nun schmerzlich bewusst. Beide waren nun von Bord gegangen und der sonst stets gutgelaunte Almadaner verfolgte deprimiert, wie sich die verbliebene Besatzung der „Trutz“ an die Ausbesserung der gröbsten Sturmschäden machte. Nach einer Weile trat Xardan zu ihm, der sich in den vergangenen Tagen sehr zurückgezogen und kaum etwas von den Geschehnissen an Bord mitbekommen hatte. Es wunderte Adriego daher überhaupt nicht, dass der Magier aus Bethana auch das Einlaufen erst mit gehöriger Verspätung registriert hatte. „Was haltet Ihr davon, den Landgang zusammen zu bestreiten?“ Xardan wirkte recht bleich, so als ob er doch ein wenig an Seekrankheit gelitten hätte. Zumindest ließ sich so sein häufiges Fernbleiben bei den gemeinsamen Mahlzeiten erklären, dachte Adriego. Seine Stimmung hellte sich immerhin ein wenig auf, als er dem Magier zustimmte: „Da hätte ich nichts dagegen, Xardan. Wohin gedenkt Ihr denn, zu gehen? Ich werde sicherlich ein Badehaus besuchen und auch einen Barbier benötigen. Ein Schneider wäre auch nicht schlecht, für einen etwas kühleren Mantel, wobei man den vielleicht auch auf dem Markt findet, denn zum Schneidern haben wir wohl kaum genug Zeit.“ In der Tat waren die Temperaturen in Perricum im Vergleich zum Bornland nahezu frühlingshaft, auch wenn sie gerade einmal knapp zweistellige Grade erreichten. „Da wir in Kürze wohl nicht mehr in einer solchen Großstadt anlegen werden, muss ich auch dringend einen Instrumentenbauer aufsuchen. Danach würde ich aber gerne etwas trinken gehen. Wie sieht es bei Euch aus?“, legte er Xardan lebhaft seinen Plan für den heutigen Tag dar. „Nun, auch ich hege in erster Linie den Wunsch mich zu säubern, um genau zu sein sehr gründlich zu reinigen, denn diesen Luxus werden wir in der nächsten Zeit wohl nicht mehr haben. Also, lasst uns zu allererst das Badehaus aufsuchen.“, stimmte der Magier ihm zu und setzte entschlossen seinen Spitzhut auf. Curthan hatte ähnliche Pläne und das Gespräch der beiden mitbekommen. „Auch ich habe dringend einen Besuch im Badehaus nötig. Darf ich Euch begleiten?“ „Aber sicherlich, Curthan. Gerne sogar!“, stimmte Adriego freundlich zu und auch Xardan nickte zustimmend. „Wollen wir doch mal sehen, was Perricum so zu bieten hat!“ Der Almadaner klopfte beiden kameradschaftlich auf die Schulter und ging ihnen voran von Bord.
Wie es das Schicksal so wollte, begegneten sich Ramon und Adriego auf dem Weg zurück zu ihren Kabinen im Korridor. Der Almadaner sah mit finsterstem Blick zu Boden und hob erst kurz vor dem Südländer wieder seinen Kopf. Seine braunen Augen schienen vor Zorn zu glühen und sein feuriger Blick schien sämtliches Ungeziefer an Bord der „Trutz“ vernichten zu können. Brust an Brust und ohne Gruß presste er hervor: „Ihr kommt spät, Ramon Orthogez. Viel zu sehen in Perricum?“ Ramon blieb das bösartige Funkeln in den Augen Adriegos nicht verborgen, doch er hielt dem harten Blick des Almadaners stand. Er nickte kurz mit dem Kopf und ließ Sedrox und Numba kurz passieren, die ebenfalls unter Deck strebten. „Ihr sagt es, Adriego. Viel zu tun in Perricum.“ Einen deutlicheren Kommentar konnte er nur mit viel Mühe unterdrücken. Dann ging er ohne ein weiteres Wort in seine Kabine, wo er zunächst die Augen schloss, um seine wirren Gedanken und Emotionen zu ordnen. Musste Adriego ihm denn jetzt schon wieder die gute Laune vermiesen? Hoffentlich würde er Anna mit seiner offensichtlichen Eifersucht in Ruhe lassen. Ramon hatte ihr etwas versprochen und war fest entschlossen, es einzuhalten. Er mochte Adriego, doch wenn dieser sich zwischen Anna und ihn stellen würde, dann… Mit solchen und ähnlichen Gedanken beschäftigt, legte er sich in seine Koje und döste überraschend schnell ein. Natürlich träumte er alsbald von Anna.