Kapitel 11, Adriego und Leutnant Jennerloff auf der Trutz von Neersand

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  Trotzdem nickte Ramon bekräftigend. „Ich glaube, wir haben alle Wichtigeres zu tun.“, befand der Südländer und klopfte dem schweigsamen Adriego auf die Schulter. „Oder nicht?“
  „Was?“, zuckte der Almadaner erschrocken zusammen. „Ja, das Artefakt finden und zerstören.“
  Die anwesenden Gefährten folgten der ursprünglichen Blickrichtung des Schwertgesellen. Am runden Fass hinter dem Hauptmast stand Leutnant Jennerloff, nur in Stiefeln, Hemd und Hose, jedoch ohne ihren Offiziersrock. Sie wusch sich gerade die langen blonden Haare, die sonst immer ein strenger Zopf bändigte, und bückte sich dabei über das Fass, so dass sich ihr fester Hintern rund in ihrer Hose abzeichnete.
  „Was soll Elouisa bloß dazu sagen?“, fragte Ramon mit scherzhaftem Unterton und klopfte Adriego unter dem Grinsen der Gefährten nochmals auf die Schulter, woraufhin jener zunächst verlegen dreinschaute.
  „Ach, ihr wisst doch wie das ist... Ich fühle mich ja schon wie ein Seemann, ein Pirat gar. In jedem Hafen eine Braut. Und auf allen Meeren stehle ich die Herzen der schönsten Frauen.“, plapperte er dann jedoch los und fügte hinzu, als ob das alles erklären würde: „Außerdem komme ich aus Almada!“
  Spätestens jetzt mussten die Gefährten lauthals lachen.
  […]„Dann wollen wir für günstiges Wetter beten.“, schloss Dragomir mit einem Seitenblick zu Jurge.
  Doch bevor der Geweihte etwas sagen konnte, meldete sich Adriego zu Wort: „Ich denke, ich werde ein wenig frische Luft schnappen. Wenn die Herren mich entschuldigen wollen.“ Er stellte sein rasch geleertes Weinglas ab, bevor er aufstand und die Messe verließ.
  „Sollte es so sein, dass unser werter Almadaner den Wein nicht verträgt? Oder ist es doch eher so, dass der Hafer sticht? Passt auf Eure Zweite Offizierin auf, Herr Kapitän.“, frotzelte Xardan zur allgemeinen Belustigung der noch Anwesenden.
  „Oh, ich denke, das Duell ist schnell entschieden.“, meinte Borsoj, lenkte das Gespräch jedoch schnell wieder auf die zukünftigen Unternehmungen.
  Adriego ging tatsächlich zunächst in seine Kabine, wo er seine Mandoline von einer unbesetzten Koje nahm und sie kurz stimmte, bevor er damit an Deck ging. Dabei schlug er schon die ersten, zwar melodischen, aber noch nicht als Lied erkennbaren Takte an, die er bald darauf gekonnt steigerte und verknüpfte bis eine vorwiegend fröhlich, dann wieder sehnsüchtig klingende Weise erklang. Das Spiel war ganz offensichtlich Leutnant Jennerloff gewidmet, die auf der Brücke stand, während der Almadaner sich unterhalb auf dem Oberdeck aufhielt, dann jedoch die Saiten weiterzupfend zu ihr hinaufstieg.
  „Danke für die Vorführung, Herr Manzanares.“, sagte die Offizierin artig und schmunzelte. „Auch im Namen der Mannschaft.“
  Der Schwertgeselle sah sich ein wenig irritiert um. Manche der Matrosen hatten von ihrer Arbeit aufgesehen, manche waren sogar in der Takelage tiefer geklettert, um dem Mandolinenspiel zu lauschen. „Welch günstiger Nebeneffekt, der Moral einen guten Dienst erwiesen zu haben, doch galt das Spiel vorrangig Euch, Frau Leutnant.“, raunte Adriego ihr zu, darauf bedacht, seine Irritation geschickt zu überspielen. Er verneigte sich leicht in Richtung der Matrosen wie ein Schauspieler auf der Bühne, bevor er sich wieder Jennerloff zuwandte.
  „Ja, das hatte ich befürch...“, die Offizierin unterbrach sich etwas zu spät.
  Ihr Verehrer sah sie mit hochgezogenen Brauen an. „Befürchtet? Ich gebe zu, mein Können auf der Mandoline ist weit entfernt davon, meisterlich genannt zu werden, doch klingt es so schrecklich?“, erkundigte er sich mit einemcharmantem Lächeln und beugte sich ein wenig zu ihr herüber.
  Sie hob Einhalt gebietend die Hand und wandte sich an die noch immer glotzenden Matrosen. „Zurück an die Arbeit, ihr Tagträumer! Rauf in die Wanten!“, befahl sie laut, aber in gewisser Weise amüsiert. „Na, wird es bald?“, fügte sie noch lauter hinzu, als sich die Seeleute nicht sofort sputeten.
  Adriego zuckte für einen Moment zusammen, hielt seinen Blick jedoch auf die bornische Offizierin gerichtet, um ihr in die Augen zu sehen. „Ich könnte Euch in etwas zurückgezogener Umgebung noch einmal vorspielen.“, meinte er mit einem treuherzigen Augenaufschlag.
  Jennerloff lächelte. „Oh, bitte, Herr Manzanares. Auch wenn ich einer direkten Ansprache zugeneigt bin...“, sie unterbrach sich erneut. „Die Trutz ist ein Kriegsschiff und ich bin ihr Zweiter Offizier, ob es nun meine Freiwache ist oder nicht. Nun... völlig gleichgültig, aber ich muss Euch bitten, Euch ein anderes Ziel für eine Rahja gefällige Kaperfahrt zu suchen. Denn Euer Kurs ist nicht der meine.“
  „Ich... ähm... verzeiht bitte. Es war nicht meine Absicht, Euch…“, entgegnete der brüskierte Schwertgeselle perplex und rang nach Worten.
  „Bitte seid mir nicht böse, ja? Ihr seid ein gutaussehender, mutiger junger Mann, witzig und entschlossen. Ich fühle mich durchaus ein wenig geschmeichelt.“, lächelte die Offizierin. „Doch was soll die Mannschaft denken... und das gute Fräulein Elouisa? Oder die Dame aus Aranien?“
  Diese einerseits sachliche wie naiv vorgebrachte Frage versetzte Adriego in erneute Irritation und gab ihm in gewisser Weise den Rest. „Elouisa… ähm, ja... wie gesagt, ich... es war nicht meine Absicht. Entschuldigt bitte... ich denke, ich gehe wieder hinunter.“ Er verneigte sich noch einmal vor der Offizierin und wandte sich zum Gehen. Jennerloff sah ihm nach und war hin und her gerissen zwischen Amüsiertheit und Mitleid.
  In der Messe war das Gespräch von der geplanten Reiseroute hin zur Darbietung amüsanter Anekdoten gewechselt, so dass eine entsprechend heitere Stimmung herrschte. Offenbar waren gerade Elfen-und-Zwerge-Witze das Thema, lautes Gelächter drang in den Gang und schlug dem Almadaner entgegen, als er die Tür öffnete.
  „Ah, Adriego!“, rief Jurge und breitete seinen gesunden Arm einladend aus. „Ihr kommt gerade recht, um den Abend mit ein wenig Musik zu bereichern.“
  Der Schwertgeselle sah den Geweihten missmutig an, doch es dauerte nicht lange, bis er die bittere Abfuhr, die er gerade an Deck hatte einstecken müssen, in den gedanklichen Hintergrund schob und sich von der allgemeinen Heiterkeit anstecken ließ. Bald sangen die Männer ein zotiges Söldnerlied und der abgewiesene Gefährte staunte nicht schlecht, dass Leutnant Jennerloff laut einstimmte, als sie nach ihrem Kontrollgang wieder die Messe betrat.