Kapitel 5, Adriego in Kannemünde
Version vom 4. Oktober 2019, 20:56 Uhr von Connar (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „ Neben ihm verstaute Dragomir gerade seine Ausrüstung auf dem Rücken seines Kamels, das ihn freundlich anstupste, als er behutsam Hals und Schnauze kraulte…“)
Neben ihm verstaute Dragomir gerade seine Ausrüstung auf dem Rücken seines Kamels, das ihn freundlich anstupste, als er behutsam Hals und Schnauze kraulte. Offenbar hatte er ein sehr gutmütiges Tier zugewiesen bekommen und lächelte erfreut. „Ja... du bist ein ganz Gutes...“, flüsterte er seinem neuen Begleiter zu und tätschelte ihm erneut den Hals. Dabei schaute er leicht verträumt in die Sonne, die bald ihren Zenit erreicht haben dürfte. Dann richtete er seinen Blick auf die Gefährten, die sich allesamt mit ihren Kamelen beschäftigten. Doch, Moment! Da fehlte doch wer. Irritiert ging er um die Gruppe herum, schaute erst hinüber zum Brunnen und dann zu dem schattigen Platz an der Stadtmauer, wo Eleon wieder immer im Schatten saß und sich von der anstrengenden Nacht erholte. Aber es bestand kein Zweifel: Adriego war nicht mehr unter ihnen. „Herr Zornbold!“, rief er Curthan zu sich, den besten Freund des Schwertgesellen in der Gruppe. „Habt Ihr Herrn Manzanares gesehen?“ „Aber natürlich, der wollte nur kurz austreten. Dahinten müsste sein Ge…“, doch der Krieger aus Winhall verstummte. „Verdammt nochmal, was soll das denn?“ Von Adriegos Gepäck fehlte jede Spur und auch sein Kamel war verwaist. Offensichtlich hatte der Almadaner die allgemeine Aufregung um die Reittiere genutzt, um sich davonzumachen. Schnell war Dragomir klar, dass keiner der Vertrauten des Schwertgesellen etwas über seinen Verbleib wusste. Dann fiel ihm Sumudans Brief ein und er kramte diesen aus seinem Gepräck hervor. „Preiset die Schönheit, Dragomir.“, las er dort noch einmal, diesmal sehr genau. „Wenn Ihr diesen Brief lest, dann habe ich die Gemeinschaft verlassen. Die Saat des Bösen liegt auf uns und ich will nicht derjenige sein, der sie durch meine Anwesenheit zur Entfaltung bringt. Achtet genau darauf, wie sich Eure Gefährten verhalten und seid versichert, dass auch andere aus ihrem Kreis das Dunkle spüren. Ich werde Eure Expedition auf anderen Wegen und mit anderen Mitteln unterstützen, denn der gemeinsame Kampf gegen das Bruderlose hat eben erst begonnen. Der Segen der göttlichen Zwillinge möge auf Euch ruhen, Dragomir.“ Vieles hatte beim ersten Lesen nach dem anstrengenden ersten Tag an Land wenig Sinn gemacht und Dragomir hatte die Warnungen naiv hintenangestellt, doch die Ereignisse seit dem Verschwinden des Marskaners bestätigten dessen Ahnungen in erschreckender Weise. Der Freiherr seufzte tief und musste dann plötzlich ausweichen, als Rondrik ihn auf seinem Kamel fast über den Haufen ritt und in seiner Nähe zum Stehen kam. Dragomir atmete tief durch, sammelte sich, trat dann an das Reittier des Prätors und nahm es am Zügel. „Adriego ist nicht mehr bei uns, Euer Gnaden.“, eröffnete er ohne Umschweife und sofort blickte sich auch der Geweihte suchend um. „Er könnte überall sein.“, stellte Rondrik zerknirscht fest. „Eine Suchaktion würde wahrscheinlich den Aufbruch der Karawane hinauszögern.“ Dragomir nickte nachdenklich, dann pflichtete er dem Prätor bei: „Vor allem ist es unklar, ob er überhaupt gefunden werden will.“ „Zu schade, ein guter Mann. Seine Kampfkraft wird uns fehlen. Wie trägt es Curthan?“, erkundigte sich Rondrik nach einem bedauerlichen Blick zu Adriegos Freund, der gedankenverloren an seinem liegenden Kamel lehnte.