Kapitel 6, Anna und Ramon in Bir-os-Soltan

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Kapitel 6, Anna und Ramon in Bir-os-Soltan[Bearbeiten]

  Anna saß auf dem großen Flachdach des Hauptgebäudes der Karawanserei und starrte über die wenigen, sandbedeckten Dächer von Bir-os-Soltan hinaus in die Weiten der Wüste. Ihre Füße baumelten sechs Meter hoch über dem feinen Wüstensand und sie schaute nur kurz zur Seite, als Ramon sich neben sie setzte. Im Schatten der Treppe hatte er zuvor einige Augenblicke mit sich gerungen, bevor er sich für einen Gesprächsversuch entschieden hatte. Die Veränderungen im Wesen seiner Geliebten waren offensichtlich und ihm war noch nicht klar, was sie für ihre Beziehung bedeuteten. Aber war es überhaupt eine Beziehung, was aus Perricum entstanden war? Sie schien sich sehr verändert zu haben und dem Südländer war noch nicht klar, ob ihm diese Entwicklung gefiel.
  Schweigend saßen sie eine Weile nebeneinander, beide unfähig etwas zu sagen. Schließlich war es die hübsche Magierin, die die Stille brach: „Das Ganze hat als Expedition begonnen, nicht wahr? Und durch unsere Entführung, seid ihr gar nicht dazu gekommen, uns alle offiziell anzuwerben.“ Es war mehr eine Feststellung, daher nickte Ramon nur zustimmend.
  „Die Expedition hätte auch kaum Lohn verspochen, nur Ehre und Ruhm zu Gunsten der Zwölfe und der örtlichen Gemeinden meiner Heimat.“, gab er leise zu, dann lächelte er leicht. „Wahrscheinlich half uns der Vorfall sogar, wer weiß wie viele von uns am nächsten Morgen tatsächlich am Hafen gestanden hätten.“
  Anna überlegte eine ganze Weile, während der leichte Wüstenwind sanft mit einer ihrer Haarsträhnen spielte und diese immer wieder an ihren traumhaft-grünen Augen vorbeiflattern ließ. „Du willst sicher über etwas reden, doch wenn es um meine Flucht von der „Trutz“ geht, dann sei Dir bewusst: Ich komme und gehe wann ich will.“, sie schaute ihn merkwürdig an, offenbar selbst nicht im Klaren darüber, was nun zwischen ihnen war.
  Ein Lächeln umspielte Ramons Lippen: „Das habe ich bereits in Perricum erleben dürfen.“ Er kicherte leise und sie lächelte verschmitzt. „Es war schön, Anna.“ Er schaute versonnen in die Wüste hinaus, noch immer lächelnd in schönen Erinnerungen schwelgend.
  „Na dann pass auf, dass ich nicht das Interesse verliere.“ Sie legte ihren Kopf an seine Schulter und er seinen Arm um ihre Hüfte. Gemeinsam blickten sie schweigend den letzten Ausläufern des Sturms nach, der im Nordwesten verschwand.